Verwendung von unrechtmässig erworbener Listen von Steuersündern vor Gericht
Die Vereinigung der Staatsanwälte
Griechenlands äussert ihre Vorbehalte bezüglich der Verwendung von
unrechtmässig erworbenen Listen von Steuersündern durch die
Staatsanwaltschaft
Gleichzeitig mit der neuen gesetzlichen
Regelung bezüglich Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare wird
der Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte die Möglichkeit
gegeben, unrechtmässig erworbene Listen von Steuersündern vor Gericht verwenden zu dürfen, was jedoch einen Eingriff in einen hängigen Fall der Justiz
darstellt. Dies betont die Vereinigung der Staatsanwälte
Griechenlands in einer heutigen Ankündigung und bringt Vorbehalte in Bezug auf die Verfassungsmässigkeit dieser neuen Bestimmung vor.
Mit N. 4356/2015 betr. die Ausweitung des Gesetzes über die
Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare wurde auch vorgesehen (mit
Änderungen des Art. 177 Strafprozessordnung), dass nunmehr die Verwendung
von unrechtmässig erworbenen Beweismitteln in Fällen, die unter die
Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte oder
Korruptionsverbrechen fallen, erlaubt ist.
Konkret weist die Vereinigung der
Staatsanwälte Griechenlands darauf hin, dass mit dem erwähnten
Gesetz „eine Ausnahme von der Anwendung des Art. 177 § 2 StPO
eingeführt wurde, so dass für bestimmte Kategorien von Straftaten
(im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft für
Wirtschaftsdelikte oder Korruptionsverbrechen fallend) zukünftig
grundsätzlich die Beweisnutzung von Daten erlaubt, die durch
unrechtmässige Weise erworben worden sind“.
Die Vorbehalte sind v.a.:
„a) Die Änderung bezieht sich wieder
einmal auf einen Basisartikel der StPO, trotz der Tatsache, dass die
Arbeit des legislativen Sonderausschusses zur Überarbeitung der StPO
noch hängig ist und trotz mehrfach vorgelegter Anträge der
Vereinigung der Staatsanwälte Griechenlands – und andere
wissenschaftliche Träger -, dass keine Texte der Gesetze mit
irrelevanten Gesetzgebungen geändert werden ohne die erforderliche
systematische und dogmatische Überarbeitung, da die Rechtsexekutive
nicht in der Lage ist, die häufigen und gelegentlichen Änderungen
des Gesetzes konstant zu verfolgen und dadurch Verwirrung und
Rechtsunsicherheit entsteht.
b) Bei der neuen Bestimmung ist nicht
offensichtlich, ob und wie sie im Einklang mit dem Verfassungsauftrag
des Art. 19 § 3 steht, der “die Verwendung von Beweismitteln
verbietet, die in Verletzung dieses Artikels erworben worden sind
(Briefgeheimnis und der freien Korrespondenz oder Kommunikation) und
des Art. 9 (Unverletzlichkeit der Wohnung) und 9A
(Datenschutzrecht)“.
c) Die neue Bestimmung führt auf eine
rechtlich nicht vereinbare Weise eine besondere strafrechtliche
Behandlung bestimmter Straftaten und Angeklagter ein, so dass ihre
Behandlung - im Umfang der gleichen Ausübung ihrer
Verteitigungsrechte - als kontrolliert einzustufen ist. Dies im
Hinblick auf die Kompatibilität mit den rechtsstaatlichen
Parametern, wie sie durch das inländische Recht, aber auch vom EMGR
gefestigt wurden.
d) Schliesslich dient die neue
Bestimmung zur Erledigung hängiger Strafverfahren und unterliegt folglich - berechtigterweise - der Kritik als Rechtseingriff ad
rem. Dementsprechend kommt man nicht umhin, dass der Eindruck
entsteht, die Gerechtigkeit diene als Werkzeug zum Erreichen einer
bestimmten Politik oder Ziels, die mit den Regeln der guten
Gesetzgebung und Respekts der unterschiedlichen Rollen der
Staatsfunktionen nicht vereinbar sind.
Quelle: APE-MPE
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