Die Unkündbarkeit griechischer Beamter



Historische Entwicklung

Die verfassungsrechtliche Garantie der Unkündbarkeit griechischer Staatsbeamter wurde mit der Verfassungsrevision im Jahr 1911 eingeführt, als aktive Bekämpfung der parteipolitischen Korruptionsherrschaft und Rechtslosigkeit, die bis dahin bezüglich Ernennung und Entlassung von Beamten herrschte. Auf seinen Vorschlag hin, gelang es Eleftheros Venizelos eine Bestimmung, Art. 102, durch das Revisionsparlament zu bringen. Mit diesem Artikel wurde die Institution der verfassungsrechtlichen Unkündbarkeit erheblich verstärkt, da die Entlassung Letzterer behindert wird, sofern die entsprechenden Amststelle bestehen, jedoch nicht auch die Arbeitsstellen, so wie es in späteren entsprechenden Verfassungstexten definiert wird. Es wird darauf hingewiesen, dass die Unkündbarkeit von Beamten zum ersten Mal verfassungsrechtlich verankert wurde, mit dem Ziel, ihren neutralen und unabhängigen Status gegenüber politischen Einflüssen und parteipolitischen Rivalitäten zu etablieren und dies sogar mit einer solchen Vollständigkeit, dass es zu dieser Institution fast nichts hinzuzufügen gibt bezüglich wesentlichen Schutzes von Beamten. 

Nach der Festigung der Institution der Unkündbarkeit, waren die Beamten in instabilen, politischen Zeiten mit dem Damoklesschwert konfrontiert, das über ihren Köpfen hing, da die Abschaffung von Organstellen automatisch auch zur Aufhebung der Unkündbarkeit führte. Ausserdem ist die Unkündbarkeit auch heute noch in Art. 39 des N. 3528/2007(2) (geltendes Beamtengesetz) mit der Existenz der entsprechenden gesetzlichen Organstelle verflochten. 

Definition des Beamten

Die Definition des Beamten war in der Vergangenheit Grundlage vieler Diskussionen und Zweifel. Zu Beginn wurde die Definition in der griechischen Wissenschaft im Jahre 1923 von Prof. Th. Aggelopoulos formuliert:  Der Beamte als indirektes Organ des Staates und in optionaler, disziplinierter, amtlicher und direkter Beziehung zum Staat stehend:

  1. Der Beamte ist indirektes Organ des Staates, da seine Position und seine Handlungen von den direkten mit ihm aufgrund der Hierarchie verbundenen Organen des Staates (z.B. Staatspräsident, Regierung) definiert wird.
  2. Die Beziehung des Beamten zum Staat ist optional und nicht verpflichtend oder zwingend, da er nicht gegen seinen Willen ernannt wird, sondern nach seiner Teilnahme am Auswahlverfahren und Annahme der Ernennungspraxis.
  3. Es ist eine disziplinierte Beziehung, da der Beamte die Verantwortung für jede schuldhafte und anrechenbare Amtspflichtverletzung trägt.
  4. Es ist eine Amtsbeziehung, welche aufgrund des hierarchischen Aufbaus der entsprechenden Amtsstelle, in welcher der Beamte eingegliedert ist, definiert wird.
  5. Es ist eine direkte Beziehung zwischen dem Beamten und der Amtsstelle, da diese durch keine andere Person beeinträchtigt wird.

Später, im Gesetz 1811/1952, in welchem die Bestimmungen in einem einheitlichen Text den Gesetzesgrundakt zur Festlegung der Steuerung der Staatsmitarbeiter bildet, wurde in Art. 1, § 2, der Zweifel gelöst, indem nunmehr die Definition des Beamten gebildet wurde, unter Adoption der gleichen Definition von Prof. Aggelopoulos und dem Zusatz der finanziellen Komponente des Gehalts, welche die Bedeutung des Begriffs des Beamten einschränkte. Gemäss Erwähntem, bezieht sich die Definition grundsätzlich auf die Kategorie von Beamten, welche der Verwaltung angehören (Exekutive), nicht aber auf die entsprechenden Kategorien von Beamten der Judikative und/oder Legislative. Zu beachten ist, dass sich bei Zweifeln bezüglich Eigenschaft des Beamten ein dreiköpfiger Ausschuss der zur Beilegung der Streitigkeit zuständigen Abteilung des Staatsrates äussert. 

Definition Unkündbarkeit und Umfang des Schutzes

Die Unkündbarkeit im Sinne der allgemeinen Definition ist verbunden mit der dauerhaften und unauflöslichen Bindung des Beamten mit seiner Position. Gemäss Verfassung Art. 103, welcher die Amtssituation der Verwaltungsorgane regelt, kann niemand in eine Organstelle als Beamter bestellt werden, ohne dass diese gesetzlich geregelt ist. Ebenfalls im gleichen Artikel wird die Transparenz und das Leistungsprinzip festgelegt, d.h. auf welcher Basis die Personen, die die Amtsstellen besetzen, ausgewählt werden, mit der gleichzeitigen Absicherung ihrer unerlaubten Herabstufung oder Kündigung, was nur mit Beschluss des Verwaltungsausschusses geschehen kann. Im gleichen Artikel, § 4, parallel dazu wird darauf hingewiesen, dass Beamte in Organstellungen als unkündbar gelten, solange diese Stelle besteht. Das bedeutet, dass Beamte, die mit dem Status der Unkündbarkeit angestellt worden sind - bei Vorhandensein derselben Stelle - nicht entlassen und andere Personen an ihre Stelle eingestellt werden können. Nur aus in der Verfassung explizit vorgesehenen Gründen können Beamte entlassen werden:  Aufhebung der Organstelle, Erreichung der Altersobergrenze, Herabstufung aufgrund eines Gerichtsurteils und Entlassung mit Beschluss des Verwaltungsausschusses. 

Aus oben Gesagtem wird klar und verständlich, dass die Unkündbarkeit eine starke Absicherung für die Beamten darstellt, sollte aber nicht verwechselt werden mit der „Lebenslänglichkeit“, welche gemäss Art. 88 der Verfassung die Richter geniessen, die in keinem Fall von ihrer Stelle entfernt werden können, ausser vielleicht aufgrund strafrechtlicher Sanktionen, die ihnen eventuell unter dem Status der Transparenz und des Urteilsvermögens verhängt werden.

Das Recht der Unkündbarkeit gemäss Verfassung wird nicht allen Beamten zugesichert, sondern nur dem politisch-administrativem Personal, welches gesetzlich festgelegte Organstellen besetzen. 

Gemäss geltender Verfassung, Art. 103, geniessen die verfassungsrechtliche Absicherung oder Schutz der Unkündbarkeit:
  • Beamte mit Organstellung, sofern diese Stellen bestehen. D.h. alle regelmässigen zivilen Angestellten der öffentlichen Verwaltung, unabhängig der Kategorie, Zweig oder Rang sowie das zivile Personal der Streitkräfte.
  • Organstelleninhaber in der administrativen Ämterhierarchie des griechischen Parlaments, die im übrigen vollständig von den Bestimmungen der Parlamentsordnung gesteuert werden.
  • Organstelleninhaber in der administrativen Hierarchie des OTA (Organisationen der autonomen Selbstverwaltung) und der übrigen NPDD (Juristische Personen des öffentlichen Rechts).
Entsprechend sind gemäss den Bestimmungen desselben Artikels von der verfassungsrechtlichen Garantie der Unkündbarkeit ausgeschlossen: 
  • Beamte auf Widerruf, d.h. hohe administrative Beamte, welche Ämter ausserhalb der Angestelltenhierarchie innehaben, können von Gesetzes wegen ausgeschlossen werden.
  • Beamte der Präsidentschaft der Demokratie, der administrativen Abteilung des Ministerpräsidenten, der Minister und stellvertretenden Minister.
  • Personal, das für eine bestimmte Zeitdauer angestellt wird (privatrechtliches Verhältnis) zur Deckung entweder vorübergehenden oder unvorhergesehenen und dringenden Bedarfs.
Mit den Bestimmungen des Art. 103, §4 und 6, der geltenden Verfassung, sowie mit den entsprechenden Bestimmungen der ehemaligen verfassungsrechtlichen Texte von 1911, 1927 und 1952, wollte der verfassungsrechtliche Gesetzgeber den Amtsträgern von Organstellen - im allgemeinen Beamte -gegen die ausführende Funktion der willkürlichen Entlassung und andere Handlungen absichern. Auf der anderen Seite verbietet der verfassungsrechtliche Gesetzgeber der Legislative nicht oder entzieht ihr nicht ihr natürliches Recht, mit gesetzlichen Einschränkungen einzelne Stellen und/oder gesamte Ämter und Träger des Staates zu eliminieren, mit dem Ziel, Letzteren zu reorganisieren und zu restrukturieren.


Quellen:
Giorgos Argiropoulos, Anwalt, postgrad. Student des Öffentlichen Rechts D.P.TH. (Artikel in judex.gr)
Nationalschule für öffentliche Verwaltung, Allg. Verwaltung, Abschlussarbeit, Thema: "System der Einstellung im öffentlichen Sektor: von der Gründung des Obersten Mitarbeiterprüfungsausschusses bis heute", Leitung: Panagiotis Passas, Studentin: Despoina Kyriakou

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