Das griechische politische System macht einen furchtbaren Fehler



Ich befürchte, dass wir noch nicht verstanden  haben, wie kritisch unsere Lage ist und wie gefährlich die Dinge sind. Wir verhalten uns weiterhin gleich. Dies merkt man, wenn man sieht, was die anderen um uns herum tun. Als die Krise sich ihrer Nachbarschaft näherte, in den wenigen Tagen, in welchen die zypriotischen Turbulenzen herrschten, hat Isreal – das Land, das „niemals um Verzeihung bittet“, die Türkei für die 9 getöteten Türken, die versuchten in den Gazastreifen einzudringen, um Verzeihung gebeten. Isreal und die Türkei haben sofort danach ihre Konflikte beiseite gelegt und sich über den künftigen Weg bezüglich des Erdgases geeinigt. Gleichzeitig setzte die Türkei dem Bürgerkrieg mit den Kurden ein Ende, ein Krieg, welcher Jahrzehnte dauert. 

Die Zeit der Waffen ist zu Ende, sagte der kurdische Führer, jetzt ist die Zeit der Ideen. Das alles in einer Woche. Wenn dies hier geschehen wäre, würden wir immer noch über Verräter und Galgen sprechen. Dies alles machen sie, weil Isreal – das Land des Kibbutz und der Orangen  - in den letzten Jahren eine nicht zu unterschätzende Macht im IT-Bereich geworden ist. Und die Türkei, die noch vor zehn Jahren unter dem Programm des IWF verschuldet war, heute aber den G20 angehört, und sich vorbereitet das Brasilien des Mittelmeers zu werden und in die G10 hineinkommen will, welchem die mächtigsten Länder der Welt angehören. 

Wir sind mit der griechischen Krise konfrontiert, mit der europäischen, mit der Krise des Westens. Die Welt wechselt mit rasender Geschwindigkeit und weil es in unserer Zeit geschieht, sind wir noch nicht in der Lage zu verstehen, wie Geschichte geschrieben wird.  Europa wies einmal 50% der globalen Produktivität aus, diese fiel  1980 auf einen Viertel. Im Jahre 2010 war die Produktivität bei 19% und es wird geschätzt, dass sie bis zum Jahre 2020 auf 7% der globalen Produktivität fällt. Der Westen ist nicht mehr das, was er einmal war, 770 Millionen können nicht mehr den dreifachen Lebensstandard gegenüber den anderen 7 Milliarden der Weltbevölkerung aufweisen. Die Produktion, die Stärke und das Geld sind an die aufstrebenden Grossmächte (Schwellenländer) übergegangen, an die BRIC-Staaten, das durch die Teilnahme Südafrikas zu BRICS wurden. (BRICS = Vereinigung von aufstrebenden Volkswirtschaften: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika)

In den gleichen Tagen, in welchen Europa mit den Problemen von Zypern nicht mehr ein noch aus weiss, einer kleinen Insel, haben die  BRICS-Staaten eine Entscheidung gefällt und den wenigsten ist klar geworden, was diese bedeutet, aber es handelt sich um eine Entscheidung, die aufzeigt, was geschehen wird. Sie haben sich geeinigt, dass für die zwischen ihnen getätigten Geschäfte ihre nationale Währung gebraucht werden kann. D.h. sie haben den ersten Schritt getan, die globalen Währungen zu umgehen, den Dollar und den Euro. In der zukünftigen Welt sind die europäischen Länder, sogar die mächtigsten unter ihnen, sehr klein, um mit den bereits heute schon multinationalen grossen Ländern, wie China, Indien, Russland, Amerika, zu konkurrieren. 

Die Europäische Union war nicht nur eine Idee, mit welcher einfach versucht wurde, eine blutige Vergangenheit regelmässiger europäischer Kriege zu überwinden.  Es war auch die einzige Möglichkeit, mit welcher Europa im globalen Spiel weiter mitmachen konnte und hätte den Lebensstandard der europäischen Bevölkerung beschützt. Aber, die Pläne entsprechen nicht der Praxis. Der alte Kontinent hat bis heute nicht gezeigt, dass er die Dynamik hat, schnell zur Vereinigung zu schreiten und die notwendigen Änderungen zu vollziehen, um nicht den Zug der neuen globalen technologischen und Informatik Wirtschaft zu verpassen. 

Innerhalb dieses westlichen Problems, speziell Europas, ist Griechenland nur das schwächste Glied der Kette. Das Glied, welches einfacher auf dem Weg verloren geht, im Abseits stehen wird,  eine kleine unbedeutende Gegend des Planeten, für die sich niemand interessiert wie ihre  Bevölkerung lebt. Die Dinge sind für alle so schwierig und gefährlich geworden, so dass kein grosser Spielraum für viele Diskussionen offen bleibt, für elastisches Benehmen, für unbegrenzte finanzielle Mittel. Die Defizite in der Eurzone haben insgesamt 30 Trillionen erreicht, 9 Trillionen sind nur die der Länder. Das EZB hat den verschuldeten Banken bereits Mittel von 2 Trillionen bereitgestellt, wie viel soll sie noch finanzieren? Wenn die Sache eng wird, wird alles härter. Der Ausgang in Zypern, das veränderte Verhalten in der Fusion Ethniki-Eurobank, zeigen , dass die Grenzen ausgeschöpft sind, dass die „Unfälle“ nicht um jeden Preis vermieden werden. Wenn die Probleme globale Ausmasse erreichen, wenn auch der Kern Europas mit Problemen konfrontiert ist, erschöpft sich die Geduld. Die Randstaaten werden gerettet, wenn sie selbst versuchen, sich zu retten. 

Nach „praktischer“ Logik Deutschlands, Senkung des Defizits und mehr Arbeit, um der Konkurrenz standzuhalten, die anderen, die „Guten“, haben bis jetzt keine gegensätzliche Politik anzubringen, als nur noch mehr Defizite. D.h. noch mehr Schulden. D.h. noch grössere Geschwindigkeit der globalen Kehrtwende gegen Osten. Es scheint als könne Europa, und Griechenland noch mehr, nicht gemäss den Regeln des 21 Jahrhunderts denken, es versucht blind, ohne Logik, im letzten Jahrhundert zu verweilen. Es ist nicht Zufall, dass die „antisystemischen“ Ströme, die die Krise hervorbringt, der Neonazismus und Neo-Bolschewismus ist. Also die Rückkehr zu den Konflikten und Grundsatz-versionen des letzten Jahrhunderts. In dem Moment, in welchem der gesamte Planet die Zeile wechselt. 

Ich glaube, dass das griechische politische System einen furchtbaren Fehler begeht. Es glaubt, dass es so überlebt, unbemerkt, mit ein paar Gelegenheitjobs, mit ein wenig Hilfe der europäischen Freunde, die „dummen Franken“ austricksend. Sie haben sich in zwei Gruppen geteilt, die oppositionelle Syriza und die regierende Syriza, und haben ihre Rollen verteilt. Syriza und der Rest der Opposition in der Rolle des Verteidigers der Vergangenheit mit Vorwürfen gegen jeden, der nur das kleinste am bankrotten System berühren will. Und die Regierungsparteien berufen sich auf die Unnachgiebigkeit der Opposition, um ihre eigenen „bauernschlaue“ Verzögerungen, die konstante Reglosigkeit zu rechtfertigen. Sie wenden das System Syriza an. Sie tun gar nichts. Das vierte Jahr, die einzige Diskussion in Griechenland sind die Raten. Sie glauben, dass sie das gleiche verschuldete System der staatlichen und parteilichen Bürokratie, den Kundenbeziehungen und Parasitismus, unberührt beibehalten werden. Einfach nur ärmer.
Sie liegen falsch. Es wird keine Einnahmen mehr geben, die Wirtschaft des Landes befindet sich vor einem grossen Produktions-Crash. Die Kredite der EU trocknen aus. Rettung um jeden Preis wird es nicht mehr geben. Die europäischen Steuerzahler bezahlen nicht mehr so einfach die Unfähigkeit der anderen Länder, sie sollen ihr Haus aufräumen und einen nachhaltigen Weg für ihre Existenz finden. 

Ab jetzt werden alle Lösungen schmerzhaft sein. Und gehen unmittelbar auf unsere Kosten. Ob dies nun Steuern heisst, oder allmähliche Wertverminderung des unbeweglichen Vermögens, oder Schnitt der Einlagen, oder Zunichtemachen der Löhne. Fremdes Geld gibt es nicht mehr. Der gesamte Westen hat ein Problem, die schwachen Glieder werden nicht mehr finanziert. Griechenland braucht dringend einen Entwicklungsschock, sonst ist es schnell aus dem Spiel, ein kleiner Bereich der Welt, arm und vergessen. Viel schneller als wir glauben. Nichts von allem, was wir jeden Tag diskutieren ist nicht ernst. Vorläufige Ausschüsse, Beamte unter Meineid und Xaratsia der DEI. Troika und rote Linien. Memoranden und falsche Dilemmas. Wir spielen mit Verzögerungen, jedoch ist das Spiel zu Ende. Nur wir können in der letzten Minute aufwachen und unsere Heimat retten und, stattdessen, suchen wir weiter nach Feinden, um unsere eigene Reglosigkeit zu verbergen. 

Quelle: Athens Voice / Autor Fotis Georgeles, Journalist. Studierte Jura an der Universität in Athen und Soziologie und Wirtschaftspolitik in Paris

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